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Raiser fertigt Spezialmaschine für die Krebsbehandlung
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Raiser fertigt Spezialmaschine für die Krebsbehandlung

Firma Klaus Raiser fertigt eine 260 Tonnen schwere Spezialmaschine, die für die Krebsbehandlung eingesetzt wird. Der größte Einzelauftrag in der Unternehmensgeschichte. Tumore können millimetergenau bestrahlt werden.

HOCHDORF. Der Koloss steht mächtig in der Halle der Firma Klaus Raiser GmbH &Co. KG im Gewerbegebiet »Zeppelinring« zwischen Hochdorf und der Bundesstraße 10. 260 Tonnen Stahl, bestückt mit Magneten, neun Meter hoch, zehn Meter lang, sechs Meter breit. Um diese Spezialmaschine, der größte Einzelauftrag in der Firmengeschichte, zusammenschrauben zu können, musste extra Spezialwerkzeug gekauft werden. Von der Firma Gedore im Perfekten Standort in Vaihingen wurde ein Spezialschraubenschlüssel gekauft. Ein M56, mit einem Anzugsmoment von 13 000 Newtonmeter. Auch der 40-Tonnen-Kran wurde für diesen Auftrag, der ein Volumen im hohen sechsstelligen Bereich umfasst, angeschafft.

Der weiße Koloss ist ein Gantry, der zur Krebstherapie eingesetzt wird. Gefertigt wurde der Maschinenkoloss innerhalb eines halben Jahres in Hochdorf – Raiser: »Da hat jeder unserer 70 Mitarbeiter in irgendeiner Form daran mitgeschafft« – im Auftrag der Firma BEC aus Pfullingen.

Seit vielen Jahren setzen Mediziner Strahlung ein, um bösartige Tumore zu zerstören. In der herkömmlichen Strahlentherapie arbeiten sie dabei mit Röntgen- beziehungsweise Gammastrahlen, die aus kleinen Lichtteilchen, den sogenannten Photonen, bestehen. Photonenstrahlung ist heute die am häufigsten eingesetzte Strahlenart in der Krebstherapie. Doch es gibt Tumore, die Photonen gegenüber fast völlig unempfindlich sind. Auch bei Tumoren, die tief im Körper liegen oder neben sehr strahlenempfindlichen Geweben oder Organen lokalisiert sind – wie zum Beispiel dem Hirnstamm, dem Sehnerv oder dem Darm – stößt die konventionelle Strahlentherapie an ihre natürlichen Grenzen: Mit ihr ist es technisch unmöglich, dem Tumor eine ausreichend hohe Dosis zu verabreichen, ohne das Nachbargewebe zu schädigen. In diesen Fällen ist die Ionenstrahlung, welche beispielsweise am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) zum Einsatz kommt, deutlich überlegen. Sie wird auch Teilchen- beziehungsweise Partikelstrahlung genannt, denn sie besteht aus hochbeschleunigten, geladenen Atomkernen. Das HIT ist nach eigenen Angaben die erste Therapieanlage an einer Klinik in Europa, an der Patientinnen und Patienten sowohl mit Protonen als auch mit verschiedenen Schwerionen bestrahlt werden können.

Und dort wird auch die Wirkungsweise eines Gantry erklärt: Das HIT ist die weltweit erste Schwerionentherapie-Anlage mit einer um 360 Grad drehbaren Bestrahlungsquelle, der sogenannten Gantry. In der konventionellen Strahlentherapie mit Photonen sind bewegliche Bestrahlungsführungen schon seit Jahrzehnten sehr erfolgreich im klinischen Einsatz; auch Protonenanlagen verfügen über Gantrys.
Es gibt in der Welt einige Protonen- und Schwerionenanlagen, die Heidelberger Anlage ist aber weltweit die einzige, die sowohl mit Wasserstoff- als auch mit Helium, Sauerstoff- und Kohlenstoffionen betrieben werden kann. Die Gantry im HIT ist eine gigantische Konstruktion aus Stahl: Sie ist 25 Meter lang, im Durchmesser 13 Meter groß und wiegt 670 Tonnen, wovon 600 Tonnen mit Submillimeterpräzision drehbar sind.
Die Gantry arbeitet sehr präzise: Der Strahl erreicht den Patienten mit bis zu drei Vierteln der Lichtgeschwindigkeit, kann bis zu 30 Zentimeter ins Gewebe eindringen und weicht dennoch höchstens einen Millimeter vom Ziel ab.

Umfangreiche Dokumentation

Die Gantry im HIT ermöglicht eine Bestrahlung des Tumors mit Schwerionen (Kohlenstoff, Helium, Sauerstoff) und Protonen (Wasserstoff) aus beliebiger Richtung. Zusätzlich wird der roboterbasierte Bestrahlungstisch in sechs Richtungen justiert. Kombiniert man diese beiden Bewegungen, ergeben sich beliebig viele Einstrahlrichtungen für den Behandlungsstrahl. Das heißt, die Strahlenbündel der verschiedenen Einstrahlrichtungen überschneiden sich im Tumor und addieren sich nur dort zur Gesamtdosis. Hierfür wurde in die HIT-Gantry mit dem Rasterscan-Verfahren das präziseste Bestrahlungsverfahren integriert, denn es tastet den Tumor millimetergenau ab. Gesundes Gewebe wird auf diese Weise geschont und erhält nur einen Bruchteil der Tumordosis. Insbesondere bei Tumorlokalisationen in der Nähe höchst strahlenempfindlicher Organe, wie Darm oder Sehnerv, können diese durch die Wahl besonders günstiger Einstrahlrichtungen ausgespart werden.

Die Hochdorfer Firma Raiser liefert mit der Spezialmaschine quasi die Hardware für die Krebsbehandlung. Und da kommt das Knowhow in der Branche zum Tragen. Geschäftsführer Raiser: »Wir sind bei unseren Maschinenbauteilen darauf spezialisiert, das zu machen, was nicht jeder kann.« Um den Gantry zu bauen, musste das Rohmaterial eingekauft, zugeschnitten, geschweißt, sandgestrahlt werden. Und dazu musste für das medizinische Gerät eine umfangreiche Dokumentation erstellt werden.

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